HAUSHALTSREDE 15.12.2020

Aufgrund der besonderen Situation wurde die Ratssitzung so kurz wie möglich gehalten. Daher wurden die Reden nicht gehalten, aber natürlich gibt es die Rede unseres Fraktionssprechers in schriftlicher Form:

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Anwesende,

Das Jahr 2020 geht zu Ende und die „Corona-Krise“ hat uns alle auf eine Probe gestellt.

Die Gesundheit und das Wohlergehen der Menschen stehen jetzt an 1.Stelle.

Es scheint so, als wenn wir uns mit unserer Lebensweise überfordert haben und wir uns auf neue Herausforderungen einstellen müssen.

Als Politiker*innen müssen wir aber damit professionell um-gehen und den Menschen Hoffnung für die Zukunft machen.

Das hat auch Auswirkungen auf unseren Gemeindehaushalt. Das machen für 2020 und 2021 je ca.3, 3 Mio. € aus.

Diese können wir isolieren und über 50Jahre zinslos abschreiben oder einmalig im Jahr 2024 ausgleichen.

Viele Projekte, die wir auf den Weg gebracht haben, machen unsere Infrastruktur zukunftssicher und klimafreundlicher (u.a. Sanierung Schul- und Sportzentrum, Heizungsanlage Veen, Schulhof Menzelen-Ost, Breitbandausbau, Sanierung Beleuchtungsanlagen usw.).

Das begrüßen wir und stehen hinter den Entscheidungen.

Jedoch sind dadurch aber auch unsere finanziellen Spielräume viel enger geworden.

Mindereinnahmen bei den Steuern (Gewerbe-, Umsatz- und Einkommensanteil ca. 3,4 Mio. €) und der Erhöhung der Transferaufwendungen (Kreisumlage ca. 2,0 Mio. €) werden den Haushalt zusätzlich belasten.

Einsparungen durch Haushaltssperren von ca.600T€. und mögliche Kompensationszahlungen helfen 2020.

Auch in 2021 wird durch Einsparungen und Verschiebungen von Projekten die Belastung des Haushalts kurzfristig entlastet.

Zusätzliche Einnahmen sind einmalig aus den Grundstücksverkäufen (u.a. Alpen-Ost + Willy-Brandt-Platz) zu erwarten. In 2021 rechnen wir noch mit einem leichten Plus von 55T€.

In den Folgejahren werden die Fehlbeträge durch die Verschiebungen höher.

Zum fiktiven Haushaltsausgleich benötigen wir die Ausgleichsrücklage die 2023 dann aufgebraucht ist.

Ab dann müssen wir die Allgemeine Rücklage nutzen, die aber nur einmalig mit 25% oder maximal 5% (über 2Jahre) pro Jahr genutzt werden kann.

Mittelfristig ist mit dieser Planung momentan nicht mit einer Haushaltssicherung zu rechnen.

Wir sind jedoch noch lange nicht in sicherem Fahrwasser.

Trotz dieser Lage lässt sich die Verwaltung bei Großprojekten ohne Not auf Investorenwünsche festlegen, die nicht nur Zugeständnisse bei der Gebäudegestaltung, sondern auch finanzielle Zugeständnisse beinhalten.

Hier fordern wir klare städtebauliche Vorgaben in Form einer Gestaltungssatzung, die Einhaltung von abgestimmten Verträgen und eine ausgewogenere Berücksichtigung der Interessen der Investoren und der Gemeinde.

Auch mögliche ausstehende Gutachten beim Bau von Großprojekten sollten abgewartet werden, damit wir nicht mit möglichen erhöhten Kosten zu rechnen haben und Nachträge vermieden werden.

Wir halten jedoch, auch wenn es mit Risiko behaftet ist, weiter an den oben genannten rentierlichen Investitionen, (Energetische-Sanierung Schul-+Sportzentrum, Sanierung Heizungsanlage Grundschule/Kindergarten in Veen, Sanierung Schulhof Menzelen, Sanierung Straßenbeleuchtung, Breitbandausbau) fest, die eine Chance für den Erhalt und die Verbesserung unserer Infrastruktur bedeuten.

Die zusätzlichen Investitionen (u.a. Tennen- Platz Victoria, Umkleide LG Alpen, Schützenhaus St. Heinrich-Bruderschaft Bönning-Rill) können erfreulicher Weise über ein Sportförderprogramm abgewickelt werden was unsere Finanzen entlastet, die Vereine freut und die Attraktivität unserer Gemeinde erhöht.

Die Sanierung Motte hat bereits ca.120T€ verschlungen.

Hier hat die Verwaltung nicht ausreichend kontrollierend agiert. Die Verwaltung muss das Heft wieder in die Hand nehmen und eine kostengünstige Lösung unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben anstreben.

Auch der kurzfristig von der Verwaltung angesetzte Ausbau des Dachgeschoss im alten Rathaus zeigt das die Verwaltung keinen langfristigen Plan hat.

Die Raumprobleme sind ja nicht erst kurzfristig bekannt.

Dies hätte eine frühzeitige Einbindung der Politik ermöglicht und das Vertrauen in die Verwaltung gestärkt.

Der jetzt endlich erfolgte Umbau des Bauhofes ist ein positives Beispiel aus der Vergangenheit.

Auch sollten jetzt keine weiteren Projekte mehr in Angriff genommen werden und die weitere Haushaltskonsolidierung umgesetzt werden, um ein Haushaltssicherungskonzept zu verhindern.

Dann wären wir in unserer Handlungsfähigkeit sehr stark eingeschränkt.

Noch haben wir eine leicht ansteigende Bevölkerungszahl. Nach Abschluss von Alpen-Ost, Willy-Brandt-Platz und der Bebauung Rossmann haben wir nur noch wenige Lückenschließungen in Alpen, Menzelen, Veen und die Entwicklung der Schulstraße in Menzelen-West.

Damit sind wir bei der Ausweisung von Neubaugebieten am Ende und hier sollte wir über Konzepte der Verdichtung der Ortskerne und die Sanierung von Altbestand stärker in den Fokus legen.

Hier hängt es von den Anreizen und Möglichkeiten ab, die wir für die junge Generation schaffen.

Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir Programme wie „Jung kauft Alt“ noch stärker bewerben.

Hier sehen wir die Chancen junge Menschen im Ort zu halten oder zum Zuzug zu bewegen.

Statistisch soll unsere Bevölkerung laut GPA bis 2040 um minus 16% sinken.

Deshalb stehen wir für die Schaffung von bezahlbaren Wohnraum.

Bei der Neuentwicklung des Willi-Brandt-Platzes und den anderen Bauprojekten(z.B. Alpen-Ost) ist dies nicht vorgesehen worden.

Hier wird „Sozialer Wohnraum“ geschaffen, der nur zeitlich begrenzt zur Verfügung stehen wird.

Das hilft uns nicht für die weitere Zukunft.

Der aktuelle Haushalt ist durch Grundstücksverkäufe auch im Zentrumsbereich gestützt.

Zukünftig sollten derartige Lagen vorzugsweise durch Erbpacht vergeben werden und somit im Eigentum der Gemeinde verbleiben.

Dies verhindert zwar kurzfristige Erträge, ermöglicht aber den späteren Zugriff auf die Liegenschaften z.B. bei Insolvenzen.

Die Themen Klimaschutz, Flüchtlinge und Schule werden momentan in den Hintergrund gedrängt.

Auch hier schlummern viele Risiken und Chancen.

Der Klima- und Energiebeirat hat endlich nach jahrelanger Abstinenz wieder seine Arbeit aufgenommen zur Erstellung eines gemeinsam abgestimmten Klimasignals.

Es gibt bereits viele Projekte, die aus Klimaschutzgründen Berücksichtigung finden.

Die größten sind das Schul- und Sportzentrum, die Sanierung der Heizungs- und Lüftungsanlage in Veen und die Sanierung des Schulhofs in Menzelen.

Auch der Stadtumbau trägt neben seiner gestalterischen Aufwertung des Ortskerns teilweise zum Klimaschutz bei.

Mehr Begrünung der Projekte wäre aus klimapolitischen Gründen angebracht und nicht die teuren Pflanztröge aus China.

Gerade auch durch die Möglichkeit der Pflege der Pflanzenbeete durch die Bürger*innen, die wir angeregt haben, schaffen wir eine Identifikation und eine Kostenreduzierung bei der Pflege.

Auch die Ausweisung von Windenergie-Vorrangzonen bringt uns klimapolitisch und finanziell weiter.

Neben der Beteiligung der Bürger*innen am Entscheidungsprozess muss unserer Meinung nach auch eine finanzielle Beteiligung der Bürger*innen ermöglicht werden.

Hier profitieren nicht nur die Bürger*innen sondern auch die Gemeinde mit weiteren Gewerbesteuereinnahmen, wie dies bereits erfolgreich in unserer Nachbarschaft praktiziert worden ist. (z.B. Rheinberg; Issum)

Alle die vor genannten Projekte müssen durch den Klima- und Energiebeirat begleitet werden, um hier transparent und zeitnah Politik und Bürger*innen mitzunehmen.

Die bisher erfolgreiche Flüchtlingspolitik mit dem 2. festen Flüchtlingsheim soll fortgesetzt werden. Mit der Zusage für eine zusätzliche Aufnahme von Flüchtlingen sind wir für Neuaufnahmen gewappnet.

Der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur unter Berücksichtigung des Umwelt- und Klimaschutzes muss weiterentwickelt werden, um eine klimafreundliche Mobilität auszubauen.

Für den Schienenpersonennahverkehr RB31 erwarten wir noch deutlich mehr Engagement der Verwaltung und hier auch vor allem des Bürgermeisters.

Im Wahlkampf ist dieses Thema gerne von der regierenden CDU genutzt worden um für sich zu werben.

Jetzt ist die Zeit des Handelns angebracht.

Auch bei der Fahrrad- und Gehweginfrastruktur ist noch deutlichen Nachholbedarf. (z.B. Fahrradboxen, Fahrradspuren, Gehwegengpässe usw.)

Der Aufbau einer E-Ladeinfrastruktur in Kombination für E-PKWs und für E-Bikes wäre an mehr zentralen Stellen im gesamten Ort notwendig.

Bei dem vorgenannten Themen muss nach unserer Meinung der „Klima- und Energiebeirat“ eingebunden werden um diese Themen fachlich vorbereitet werden.

Einzelhandel stärken

Auch die Weiterentwicklung der Einzelhandelsstruktur und die Förderung des lokalen Einkaufens tragen zur Attraktivität des Ortskerns, der Bindung von Kaufkraft und zusätzlichen Gewerbesteuern bei.

Die Attraktivitätssteigerung des Wochenmarkts die in der letzten Legislaturperiode beschlossen wurde, ist bisher noch nicht in Angriff genommen worden.

Auch bei der Unterstützung unserer Einzelhandelsbetriebe und das Leerstands Management müssen wir aktiver werden.

Gewerbeentwicklung

Durch einen gesunden Mix von kleinen, mittleren und großen Betrieben ist der Wirtschaftsstandort Alpen attraktiv und die Arbeitsplätze sind zukunftssicher.

Das interkommunale Gewerbegebiet KOOP(30ha) lehnen wir ab, da hier hauptsächlich Betriebe größer 5ha zugelassen werden könnten.

Die Gefahr zur weiteren Versiegelung von landwirtschaftlicher Fläche und die Ansiedlung von Logistikern, ohne Gewerbesteuereinnahme, sind damit gegeben.

Bildung

Im Bildungsbereich begrüßen wir den Erhalt aller Schulstandorte.

Dazu trägt auch die gute Arbeit der Kollegien und Schulleiterinnen bei.

Alle Schulen zeigen hohe Qualitäten in der alltäglichen Arbeit, den Projekten und Aktionen, aber vor allen Dingen auch jetzt in der aktuellen besonders schwierigen Situation.

Die schlechten Zustände bei der digitalen Ausstattung der Schulen, die durch den Digitalpakt aufgebessert werden sollte, hat die Corona-Pandemie nochmal sichtbar gemacht. Hier haben wir die Unterstützung der Anschaffung von I-Pads für die ersten Klassen und Lehrer*innen zugestimmt.

Wir sind froh, dass durch unsere Intervention ein Konsens gefunden werden konnte, im kommenden Haushalt nochmals 40 000€ für die Unterstützung der Eltern bei der Anschaffung weiterer Geräte zur Verfügung gestellt werden. Wobei uns die Einbindung der Schulleiterinnen unabdingbar ist.

Das innovative Projekt Waldkindergarten befand sich durch Abmeldung von Kita-Plätzen in eine kritische finanzielle Situation.

Das haben wir wie von der Verwaltung vorgeschlagen unterstützt und hoffen, dass dies die Ausnahme ist.

Aufgrund unseres Antrags aus 2014 „Was Kinder und Jugendliche wünschen“ sollte ein fester Termin pro Jahr mit den Jugendgruppen durchgeführt werden.

Dies ist bis heute nicht erfolgt.

Außerdem gibt es eine weitere Umfrage des Kinderschutzbundes und des Kreises Wesel.

Diese Ergebnisse sollten trotz enormen zeitlichen Verzugs mit einfließen und kurzfristig im nächsten JSSKA vorgestellt werden.

Dies trägt ebenfalls zur Attraktivität der Gemeinde für junge Familien als Wohnort bei.

Stellenplan

Umgesetzt werden die Aktivitäten von der Verwaltung, die an ihre Grenzen stößt und zusätzliches Fachpersonal für die anstehenden Projekte benötigt.

Hierauf haben wir bereits mehrfach in der Vergangenheit bei der Verabschiedung des Stellenplans hingewiesen.

Wenn unsere Gemeinde nicht so eine große Anzahl von Ehrenamtlichen hätte, würde einiges in der Gemeinde nicht funktionieren.

Zusammenfassend stellen wir fest, dass der Haushalt gut aufgestellt ist.

Für die vorzügliche Aufbereitung der Zahlen durch die Kämmerei möchten wir uns ganz herzlich bedanken.

Die transparente und fachkundige Arbeit in der Haushalts-AG während des laufenden Jahres sollte intensiviert werden.

Es gibt weiterhin hausgemachte und externe Einflüsse, von denen wir abhängig sind und die Risiken bergen.

Gerade die aktuelle „Corona-Krise“ ist in ihren Auswirkungen weiterhin noch nicht exakt abschätzbar.

Viele Aktivitäten sehen wir positiv, aber es gibt nach unserer Auffassung noch einen erheblichen Verbesserungsbedarf. Gerade einige aktuelle Entscheidungen, die wir nicht mittragen konnten, befeuern unsere Skepsis.

Während bei den Elterngeldern zur Vormittagsbetreuung unverhältnismäßige Mehreinnahmen zur Unzeit erhoben werden, wird durch unscharfe Planung an anderer Stelle ein Vielfaches davon ohne erkennbare Not ausgegeben.

Hier sind die Interessen der Gemeinde in der jetzigen Lage nicht genügend berücksichtigt.

Im Sinne der Bürger*innen wäre mehr Augenmaß und Abwägung erforderlich.

Dies fordern wir ein, sehen aber auch Potential, um die Weiterentwicklung der Gemeinde zukunftssicher zu machen.

Die positiven Ansätze honorieren wir, stimmen dem Haushaltsentwurf mit der Veränderungsliste aufgrund der oben erwähnten Bedenken jedoch nicht zu und werden uns enthalten.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche uns allen eine gesunde Zeit.

Fraktion Bündnis90/Die Grünen Alpen

Fraktionssprecher Peter Nienhaus, Rheinberger Str. 32 , 46519 Alpen