NRW-Umweltminister Remmel stellte gestern in einem Pressegespräch, das die Grüne Kreistagsfraktion in Wesel organisiert hatte, die Maßnahmen des Landes zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Dioxin-haltigen Lebensmitteln vor.
Wir dokumentieren den 10-Punkte-Plan des Ministers.
Schadstoff-Einträge in die Lebensmittelkette verhindern – Futtermittelsicherheit erhöhen
Mit dem aktuellen Fall zeigt sich einmal mehr, dass die Sicherheit von Futtermit-teln erhöht werden muss. Gerade Fette als Rohstoffe für die Erzeugung von Futtermitteln stellen offenbar eine Sicherheitslücke dar. In den vergangenen Jahren ist es bereits häufiger zu Dioxin-Verunreinigungen in Futtermitteln durch Fette gekommen. Im Sinne eines vorsorgenden Verbraucherschutzes darf das nicht so bleiben.
1. Trennung von Produktströmen
Technische Fette dürfen unter keinen Umständen in die Lebensmittelkette gelangen. Unternehmen, die Futterfette herstellen oder diese verkaufen, dürfen nicht gleichzeitig technische Fette handeln. Hier muss zukünftig eine klare Trennung der Produktströme dafür sorgen, dass Vermischungen, ob gewollt oder versehentlich, verhindert werden. Nordrhein-Westfalen wird im Bundesrat aktiv werden, um das Futtermittelrecht entsprechend zu ändern und damit sicherer auszugestalten.
2. Einführung einer Positivliste
Es soll eine Positivliste der Stoffe verbindlich vorgeschrieben werden, die in der Tierfütterung eingesetzt werden dürfen. Damit wird dafür gesorgt, dass nur sichere Bestandteile in die Futtermittelkette gelangen.
3. Verpflichtung zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung
Bei den aktuellen Vorfällen sind die Tierhalter für die Dioxin-Verunreinigung nicht verantwortlich, müssen aber in vielen Fällen zunächst selbst für Verdienstausfälle aufkommen. Es ist zu befürchten, dass Landwirte in vielen Fällen dauerhaft den Schaden tragen müssen, da die verursachenden Unternehmen angesichts der Höhe des Schadens ggf. in Insolvenz gehen.
Besonders Futtermittelhersteller, die mit „kritischen“ Rohstoffen umgehen, müssen deshalb dazu verpflichtet werden, eine Haftpflichtversicherung abzuschließen, mit der Schäden in der Lebensmittelkette abgedeckt werden können, die durch belastete Futtermittel verursacht werden. Diese Regelung muss EU-weit vorgeschrieben werden. Dazu wird Nordrhein-Westfalen über den Bundesrat tätig werden.
4. Behördliche Zulassungspflicht für Fett verarbeitende Betriebe
Unternehmen, die Futterfette herstellen oder mit diesen handeln, müssen in der Zukunft einer behördlichen Zulassung unterliegen. Mit dieser Zulassung müssen klare Verpflichtungen und eine Eignungsprüfung (Zuverlässigkeit, Qualifikation, Schulung) des Futtermittelunternehmers verbunden sein, die zu mehr Futtermittelsicherheit führen. Zulassungen können nur gewährt werden, wenn die innerbetrieblichen Abläufe transparent, nachvollziehar und durch die Behörden als sicher bewertet werden. Mit der Zulassung müssen die Behörden diese Anforderungen vor Ort intensiv und risikoorientiert überprüfen. Nordrhein-Westfalen wird umgehend eine entsprechende Regelung in den Bundesrat einbringen.
5. Eigenkontrollen verdichten
Futtermittelunternehmen, die mit kritischen Rohstoffen wie Futterfetten umgehen, müssen verpflichtet werden, mehr Eigenkontrollen durchzuführen. Hierzu muss es auch gehören, in regelmäßigen Abständen Produkte auf Schadstoffe hin zu analysieren. Die Untersuchungsergebnisse müssen zuverlässig dokumentiert werden. Von den Futtermischungen müssen Rückstellmuster aufbewahrt werden. Das behördliche Vorgehen bei der Bewertung der Eigenkontrollsysteme wird überarbeitet und insbesondere bezüglich der Anforderungen an die Fettverarbeitung strikter gefasst.
6. Amtliche Kontrollen erhöhen und effizienter gestalten
Amtliche Kontrollen müssen in diesen Unternehmen ausgeweitet werden. Die Ergebnisse sind zu veröffentlichen. Es ist zu prüfen inwieweit dies auch für die Ergebnisse von Eigenkontrollen möglich und sinnvoll ist. Die amtliche Überwachung muss intensiver und risikoorientiert kritische Bereiche in der Futtermitteherstellung überprüfen. Dazu wird die Risikobewertung von Futtermittelbetrieben überprüft und allgemein verbindliche Kriterien werden festgelegt.
7. Voraussetzungen für mehr Regionalität schaffen
Regional, auf kurzen Wegen vermarktete Produkte ermöglichen mehr Transparenz und Vertrauen und leisten einen Beitrag zur nachhaltigen Ernährung. Daher wird die Regionalität in der Vermarktung insbesondere unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit besonders unterstützt, z.B. durch Schaffung der Voraussetzungen für ein Qualitätszeichen Nordrhein-Westfalen bzw. einer Regionalmarke.
8. Anreize für Ausbau Ökolandbau setzen
Die Ökolandwirtschaft ist durch geschlossene Kreisläufe, transparente Erzeu-gung, verbrauchernahe Vermarktung und strenge Kontrollen gekennzeichnet. Der Futtermittelzukauf ist mengenmäßig und von der Auswahl der Futtermittel her streng begrenzt. Daher sollen mit einer Verbesserung der Förderung, Intensivierung der Beratung, Ausbaus der praxisnahen Forschung und Verstärkung der Öffentlichkeitsarbeit besondere Anreize für den Ausbau der Ökolandwirtschaft in Nordrhein-Westfalen gesetzt werden.
9. Verbraucherinformation erleichtern
Eine umfassende und schnelle Information der Verbraucherinnen und Verbraucher ist insbesondere in Krisenzeiten besonders wichtig und trägt dazu bei, Verunsicherung zu vermeiden. Das Verbraucherinformationsgesetz muss deshalb dringend novelliert und dabei klare Rechtsgrundlagen für die zeitnahe Veröffentlichung und Weitergabe von Untersuchungsergebnissen, betroffenen Waren und Betrieben sowie sonstigen behördlichen Erkenntnissen geschaffen werden.
10. Sondersitzung der Verbraucherschutzministerinnen und –minister
In einer von Nordrhein-Westfalen beantragten Sondersitzung der VSMK wird dieser Plan vorgestellt und um Unterstützung der anderen Länder geworben. Diese Krise muss endlich Ausgangspunkt für nachhaltige Veränderungen bei der Produktion und Überwachung von Lebens- und Futtermitteln sein, die die Gefahr der ständigen Wiederholung drastisch mindern.
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